Freistellungsprivileg für LEA und BEA soll entfallen
Stattdessen erhält Stadt Freiburg einmalige Anrechnung auf die Zuweisungszahlen
Durch steigende Zuweisungszahlen muss die Stadt dringend zusätzliche Unterbringungsplätze schaffen
Im Dezember 2014 hat sich der Gemeinderat grundsätzlich für die Einrichtung einer Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge (LEA) in Freiburg ausgesprochen. Der Gemeinderat hat an den künftigen Betrieb der LEA qualitative Anforderungen formuliert und die Geltung des so genannten Freistellungsprivilegs gefordert. Die Inbetriebnahme der LEA ist für Ende 2016 nach der Aufgabe der Polizeiakademie geplant.
Heute, gerade mal neun Monate später, ist eine Bedarfsorientierte Erstaufnahmestelle (BEA) auf dem Akademiegelände in Betrieb und das Freistellungprivileg für die Landeserstaufnahmestelle (LEA) entfallen. Dies hat für die Stadt Freiburg weitreichende Konsequenzen, da nun völlig andere Rahmenbedingungen für die Unterbringung von Flüchtlingen bestehen.
„Wir stehen vor einer der größten humanitären Herausforderungen. Aber ich bin sicher, dass wir die ankommenden Flüchtlinge in Freiburg unterbringen werden, obwohl wir das ursprünglich zugesagte Freistellungsprivileg für die LEA nicht bekommen“, erläutert Oberbürgermeister Dieter Salomon. Statt eines Freistellungsprivilegs erhält die Stadt nun eine einmalige Anrechnung auf die Zuweisungszahlen.
Infolge dieser völlig geänderten Rahmenbedingungen und durch die steigenden Zuweisungszahlen von Flüchtlingen sucht die Stadtverwaltung auf Hochtouren nach zusätzlichen Unterkünften. Schon seit Monaten prüft die Verwaltung alle verfügbaren und geeigneten Flächen und Gebäude, wo sie Flüchtlinge in Freiburg unterbringen kann.
Die Verwaltung geht davon aus, dass der Flüchtlingsstrom auf absehbare Zeit anhalten wird. Im September werden etwa 200 weitere Flüchtlinge erwartet, ab Oktober bis zum Dezember muss - ausgehend der Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom August und der Mitteilung des Landes Baden-Württemberg - in Freiburg mit deutlich höheren Zuweisungszahlen von Flüchtlingen gerechnet werden. Nach Schätzung der Verwaltung sind monatlich rund 350 Flüchtlinge zu erwarten. Wie viele flüchtende Menschen 2016 kommen, kann im Moment niemand prognostizieren.
„Wir bekommen Zahlen mitgeteilt, die schon am nächsten Tag nicht mehr gelten. Aus diesem Grund prüfen wir alle kurzfristig realisierbaren Unterbringungsmöglichkeiten in ganz Freiburg, um keine Turnhallen belegen zu müssen. Dies ist unsere allerletzte Option, um die ankommenden Flüchtlinge unterzubringen“, erläutert Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach.
Unabhängig von der weiteren Entwicklung der BEA und der LEA sucht die Stadt Freiburg mit Hochdruck nach neuen Unterbringungsmöglichkeiten für die Flüchtlinge. Durch den Entfall des Freistellungsprivilegs und die monatlich steigenden Zuweisungsraten für Freiburg müssen schnellstmöglich noch mehr Plätze für Flüchtlinge geschaffen werden. Die dem Gemeinderat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am 28. Juli vorgelegte Planung von Standorten ist damit schon längst überholt.
Eine Projektgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern der betroffenen Ämter und Dienststellen sucht deshalb fieberhaft nach weiteren Unterbringungsmöglichkeiten und prüft deren kurzfristiger Realisierbarkeit; so werden derzeit rund 50 Flächen und Gebäude im gesamten Stadtgebiet auf ihre Eignung untersucht.
Konkretisiert haben sich aktuell folgende weitere Standorte: In der Waltershofener Straße sollen rund 150 Plätze geschaffen werden. Im Hotel Tanne in Opfingen sollen 40 Flüchtlinge unterkommen. Im Hartkirchweg in St. Georgen sollen 20 Plätze bereitgestellt werden. Im Erdgeschoss eines Gebäudes in der Lörracher Straße werden zusätzlich bis zu 100 neue Plätze geschaffen. Die Regenbogenschule, die ursprünglich in die Räume ziehen sollte, wird übergangsweise für ein weiteres Jahr im Pavillon des Deutsch-Französischen Gymnasiums bleiben. In der Basler Straße im Hotel Sonne werden 50 Plätze geschaffen, der bestehende Standort des Amtes für Wohnraumversorgung in der Wiesentalstraße soll um 150 bis 180 Plätze erweitert werden.
Außerdem plant die Stadt aktuell mit Nachdruck vier, größere auf das gesamte Stadtgebiet verteilte Standorte für jeweils 300 bis 350 Personen. Sobald sich die Planungsüberlegungen konkretisieren, werden die Anwohnerinnen und Anwohner an den jeweiligen Standorten informiert.
Zudem ist vorgesehen, dass ab Dezember in der alten Stadthalle 200 bis 400 Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Dieser Standort ist als Notunterkunft vorgesehen, so dass die dort untergebrachten Flüchtlinge nur vorübergehend in der Stadthalle bleiben sollen, bis andere Unterkünfte hergerichtet werden konnten. Zusätzlich ist die Stadtverwaltung in Gesprächen mit den Kirchen, um die Möglichkeiten der Flüchtlingsunterbringung abzufragen. So will die Kirchengemeinde Plätze im Maria-Hilf-Lehrlingswohnheim zu Verfügung stellen.
Die aktuelle Situation der Flüchtlingsunterbringung in Freiburg schließt derzeit noch aus, dass Turnhallen zur Verfügung gestellt werden müssen. Diese letzte Option hängt allerdings von der weiteren Entwicklung der Zugangszahlen der Flüchtlinge und den verfügbaren Räumlichkeiten ab.
Darüber hinaus wird die zunehmende Anzahl von Flüchtlingen in der Stadt künftig noch stärkere Anstrengungen im Bereich der Integration zur Konsequenz haben. „Zunächst müssen wir uns darum kümmern, dass die zu uns kommenden Flüchtlinge menschenwürdig untergebracht werden. Dies ist insbesondere unter den aktuell veränderten Bedingungen eine Herkulesaufgabe, der wir uns mit aller Kraft stellen“, so OB Salomon. Und weiter: „Wir werden aber auch konsequent die nächsten Schritte gehen, damit die aufgenommenen Menschen die Möglichkeit zur Integration in unserer Stadt haben. Dies wird eine weitere große Aufgabe sein, ich bin aber optimistisch, dass dies der Stadt, den verschiedenen Institutionen und Trägern und den Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam gelingen wird.“ |