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Freiburg: Aktuelle Flüchtlingssituation
Stadtverwaltung muss dringend weitere Unterbringungsplätze schaffen
Hauptsatzung soll geändert werden

Geplant ist Abriss und Neubau der Wohnheime in der Hammerschmiedstraße, Gebäude in der Lörracher Straße und Obere Schneeburgstraße sollen umgebaut werden, Bötzinger Straße 50 a soll angemietet werden

„Wir tun alles, was wir tun können!“ Mit diesen Worten eröffnete Oberbürgermeister Dieter Salomon die heutige Pressekonferenz zur aktuellen Flüchtlingssituation in Freiburg. Anlass ist die drastisch steigende Zahl von Flüchtlingen, die nach Freiburg kommen und untergebracht werden müssen.

Waren es im Februar noch monatlich zwischen 60 und 70 Menschen, so muss sich die Stadt nach der Jahresprognose des Bundesamts für Migration von Anfang Mai auf eine monatliche Zuweisung von 115 Flüchtlingen einstellen. Mit steigender Tendenz. Im Juli wird die Stadt voraussichtlich 149 Personen aufnehmen. “Wir müssen unsere bisherigen Prämissen, wie und wo Flüchtlinge untergebracht werden, der aktuellen Situation anpassen. Alle verfügbaren und geeigneten Flächen werden wir in Anspruch nehmen müssen. Das Allerwichtigste ist zunächst, dass die ankommenden Flüchtlinge ein Dach über den Kopf haben“, so Salomon weiter. Er bekräftigte, dass diese immense Aufgabe nur dann zu bewältigen sei, wenn Freiburg von Land und Bund massiv unterstützt werde. Und Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach: “Diese nicht vorhersehbare und dramatische Entwicklung heißt, dass wir notfalls auch Turnhallen bereitstellen müssen, um die ankommenden Flüchtlinge unterbringen zu können“.


Ganz aktuell sind die Planungen des Regierungspräsidiums (RP) für eine befristete bedarfsorientierte Erstaufnahmestelle (BEA) als Übergangslösung auf dem ehemaligen Gelände der Polizeiakademie. In sechs bis acht Wochen sollen auf dem Sportplatz die ersten Unterkünfte bezugsfähig sein. Bis Ende 2016 soll dann dort, wie geplant, langfristig die Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge (LEA) eingerichtet werden.

Das Land Baden-Württemberg hat der Stadt zugesichert, dass die Flüchtlinge die gleiche Sozialbetreuung bei der BEA erhalten, wie sie auch bei der LEA vorgesehen ist. Zudem hat Staatssekretär Klaus-Peter Murawski OB Salomon zugesagt, dass die Plätze der BEA, ebenso wie später für die LEA, auf die Aufnahmeverpflichtung der Stadt angerechnet werden. Welche konkrete Entlastung dies für die Kapazitätsplanung der Stadt Freiburg bringt, bleibt abzuwarten.

Für das Jahr 2015 schätzt das Bundesministerium für Migration, dass bundesweit 400.000 Flüchtlinge ankommen; das Land Baden-Württemberg geht für dieses Jahr von rund 52.000 neuen Flüchtlingen aus.

Die bisherige monatliche Zuweisungsrate für Freiburg stieg seit 2013 zwar kontinuierlich an und die bisherigen Planungen der Stadt konnten immer noch den Bedarf an Unterbringungsplätzen für 2015 abdecken. Und für 2016 hatte die Verwaltung zusätzlich rund 800 neue Unterbringungsplätze vorgesehen. Aber mit den aktuellen, deutlich steigenden Flüchtlingszahlen müssen schnellstmöglich noch mehr Plätze für Flüchtlinge geschaffen werden.

So ist seit Juni ist klar, dass die Verwaltung für dieses Jahr zusätzlich nochmals 867 Unterkunftsplätze schaffen muss. Damit fehlen für dieses Jahr rechnerisch rund 390 Wohnheimplätze. Für 2016 müssten nach derzeitigem Stand 1380 neue Unterbringungsplätze geschaffen werden, sofern die Aufnahmeverpflichtung nicht modifiziert wird.

Waren bislang maximal 70 Menschen pro neu geplanten Standort vorgesehen, hätte dieser Bedarf zur Konsequenz, dass nun mindestens zwei bis drei neue und größere Standorte mit bis zu 300 Plätzen vorgesehen wären. Auch kann die Verteilung der Standorte auf möglichst alle Stadtteile nicht mehr eingehalten werden, da jede verfügbare geeignete Fläche zur Flüchtlingsunterbringung geprüft werden muss. Nur so kann die Versorgung der Flüchtlinge gesichert und eine Notunterbringung in Turnhallen vermieden werden.


Unabhängig von der weiteren Entwicklung der BEA sucht die Verwaltung deshalb mit Hochdruck nach neuen Unterbringungsmöglichkeiten für die Flüchtlinge. Das Erdgeschoss und das erste Geschoss eines bestehenden Gebäudes in der Lörracher Straße mit etwa 80 Wohnheimplätzen sind zwischenzeitlich angemietet. Um das Gebäude als Flüchtlingsunterkunft nutzen zu können, sind Investitionen von rund 450.000 Euro notwendig. In der Höllentalstraße sollen in Holzcontainerbauweise rund 50 Plätze geschaffen werden.

Auf dem bestehenden Gelände St. Christoph ist geplant, dass rund 50 weitere Plätze in Containerbauweise bereitgestellt werden. In dem bestehenden Gebäude in der Bötzingerstraße 50 und 50 a (ehemaliges Essilor-Gebäude) könnten zusammen 160 neue Plätze sowie eine Notfallunterkunft mit 100 Plätzen geschaffen werden. Zudem ist vorgesehen, dass in der ehemaligen Kaiservilla in St. Georgen etwa 45 Flüchtlinge unterkommen. Dazu findet ein Bürgergespräch am Mittwoch, 22. Juli, um 19.30 Uhr, in der Freien Walddorfschule in St. Georgen statt.

Darüber hinaus besteht zudem hoher Handlungsbedarf bei einigen der bestehenden Wohnheimstandorte.

Das in die Jahre gekommene Wohnheim Hammerschmiedstraße soll von der Freiburger Stadtbau (FSB) abgerissen und neu gebaut werden. Derzeit leben rund 240 Menschen in den Gebäuden. Geplant sind dreigeschossige Wohnheime in Massivbauweise mit unterschiedlich großen und kleinen Wohnungen für 240 bis 320 Menschen. Die Gebäude sind so geplant, dass sie, falls in der Zukunft kein Bedarf an Wohnheimplätze für Flüchtlinge bestehen sollte, diese später auch für Studenten oder Familien mit geringem Einkommen genutzt werden könnten.

Zunächst sollen in einem ersten Bauabschnitt die neuen Gebäude errichtet werden, damit die Bewohner des heutigen Wohnheims dort untergebracht werden können. Mit dem Bau des ersten Bauabschnitts soll im Sommer 2016 begonnen werden, der zweite ist im Frühjahr 2018 geplant. Für den Abriss und Neubau müssen sieben Kleingärten verlagert werden. Ersatzgärten stellt die Verwaltung in der Gartenanlage beim Bergäckerfriedhof bereit.

Um dieses Vorhaben in der Hammerschmiedstraße überhaupt umsetzen zu können, will die Stadt unverzüglich Fördermittel vom Land beantragen, sobald die Kosten für Abriss und Neubau ermittelt sind. Die Verwaltung schätzt ihre Chancen, Landesgelder zu bekommen, als sehr gut ein.


Die Flüchtlingsunterbringung ist eine weisungsgebundene Pflichtaufgabe. Das bedeutet, dass die Verwaltung eine Landesaufgabe erfüllt. Durch die bestehende krisenhafte Versorgungssituation sowie die angespannte Wohnungsmarktsituation wird die Verwaltung dem Gemeinderat vorschlagen, zur Abgrenzung der Zuständigkeiten von Oberbürgermeister und Gemeinderat die Hauptsatzung zu ergänzen. Damit wird sichergesellt, dass die notwendigen Entscheidungen zur Unterbringung von Flüchtlingen kurzfristig getroffen werden können.

Künftig will die Verwaltung den Gemeinderat alle vier Monate über die aktuelle Versorgungslage der Flüchtlinge sowie über die damit verbundenen Kosten informieren.
 
Eintrag vom: 15.07.2015  




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