„Hallo, Herr …“ – so die Anrede im Brief des (mir unbekannten) Vertriebsleiters eines westfälischen Stromversorgers. Es ist kein Werbebrief, es ist die geschäftsmäßige Antwort auf meine Anfrage. Solche Briefe werden gewöhnlich eingeleitet mit der Floskel „Sehr geehrte/r Frau/Herr Soundso“. Man mag diese Briefanrede heute für zu förmlich und nicht mehr recht zeitgemäß halten – doch ist „Hallo, Herr/Frau …“ der elegante Ersatz?
„Hallo“ war einst der mündliche Gruß nur unter Freunden und guten Bekannten. Traf man mit Leuten zusammen, die einem ferner standen, entbot man einander die Tageszeit. Im Schriftverkehr hat sich „Guten Tag, Herr/Frau Soundso“ seltsamerweise nicht ausbreiten können, obwohl diese Anrede ganz natürlich anmutet und keine Ehrerbietung bezeugt, die man im geschäftsmäßigen Umgang meist gar nicht ausdrücken will, die in der Regel auch gar nicht erwartet wird. Allenfalls im E-Mail-Verkehr erobert das „Guten Tag“, neben dem vorherrschenden „Hallo“, neuerdings einen Platz.
„Hallo“, wohin man hört. Der Entertainer schleudert sein „Hallo!“ in den Saal, „Jaaa, Hallo erstmal …“ begrüßt der Komiker Rüdiger Hoffmann ein leicht zu erheiterndes Publikum, das seine Darbietung heftig beklatscht und bejohlt. Mit „Hallo“ nähert sich der wahlkämpfende Politiker einer Passantin in der Fußgängerzone und überreicht ihr die obligatorische Rose.
Im allgegenwärtigen Hallihallo eine fast schon exotische Erscheinung: Mariechen Aden, Direktorin der Wilhelm-Hauff-Grundschule im Berliner Wedding, 560 Schüler, zu 85 Prozent mit Migrationshintergrund. Frau Aden weiß nur zu gut: Ein Drittel ihrer Schüler und Schülerinnen spricht schlecht Deutsch. Um so lieber steht die Direktorin am Portal des Gebäudes und begrüßt die hereinstömenden Kinder mit einem „Guten Tag“. Für sie auch dies „gezielte Sprachförderung“ und Erziehung zur Höflichkeit.
Wie gelangte das „Hallo“ in die deutsche und anderer Länder Umgangssprache? Angeblich über das englische „hello“, das erste Wort, das der von Thomas A. Edison (1847–1931) erfundene Phonograph aufzeichnete und sich nach 1861 mit der Ausbreitung des Telefons als Ausruf fortpflanzte (Hej! Allô! Hola!). Oder ist „Hallo“ gar ungarischer Herkunft? Als ungarische Wissenschaftler die erste amerikanische Telefonzentrale testeten, soll das Wort „hallom“ (ich höre) gefallen sein. Als sicher gilt indes: Der 1928 in Kassel geborene und 1939 in die USA ausgewanderte William W. Hallo, ein namhafter Altorientalist, hat mit „Hallo!“ als Gruß und Ausruf nichts zu tun. Dafür gelang es ihm, einige Textfunde aus frühester Zeit der menschlichen Schriftkultur zu entziffern. Das verdient nun wieder ein „Aber hallo!“ Als Bekräftigung gebraucht. Im Sinne von „Gut gemacht, Mr. Hallo!“ |