Alternativmedizin rückt mehr und mehr ins wissenschaftliche Interesse
Freiburg. Alternative Medizin ist gerade in und um Freiburg seit vielen Jahren ein großes Thema: der Markt ist bunt und nicht immer übersichtlich. Eva Halm, studierte Biologin, gelernte Heilpraktikerin und seit 20 Jahren mit einer eigenen Praxis in Freiburg aktiv, kennt sich in der Szene gut aus. Und sie ist seit 20 Jahren als praktizierende Rolferin tätig. Was das ist und wer vom Rolfing profitieren kann, erklärt sie im Interview.
? Frau Halm, nicht jeder Mensch weiß, was Rolfing ist und was sich hinter dem etwas fremd klingenden Begriff verbirgt. Klären Sie uns auf?
! Rolfing ist eine Form von Körperarbeit, die auch „Strukturelle Integration“ genannt wird. Entwickelt wurde diese Methode von einer Amerikanerin namens Ida Rolf, daher auch der Name Rolfing. Dr. Ida Rolf war Biochemikerin und an der Behandlung chronischer Krankheiten interessiert. Sie ging von der These aus, dass die Ordnung der verschiedenen Bereiche unseres Körpers zum Beispiel durch Haltungsfehler so sehr aus dem Lot geraten kann, dass wir uns mit dem inneren Motto „Haltung annehmen“ nicht mehr selbst helfen können. Hier kommt das Rolfing ins Spiel: Beim Rolfing geht es darum, durch manuelles Arbeiten den Körper sozusagen wieder ins Lot zu bringen und aufzurichten. Auf Fotos sieht das wie eine recht handfeste Art der Massage aus. Gearbeitet wird dabei mit den Faszien, das sind Bindegewebsschichten, die im Körper alle Muskeln, Knochen und Organe umhüllen. Beim Rolfing werden diese Faszien dahingehend durch gezielten Druck behandelt, dass es uns möglich wird, wieder aufrechter und dadurch insgesamt gesünder durchs Leben zu gehen. Das hat auch viel mit Selbstwahrnehmung und der Fähigkeit, diese Wahrnehmung zu schulen, zu tun.
? Wer kann denn „ge-rolft“ werden, und wie ist die Wirkung nachweisbar?
! Rolfing ist mit Ausnahme bestimmter Krankheitsbilder eigentlich für jeden eine empfehlenswerte Erfahrung: Das Klientenspektrum reicht von Menschen, die Schmerzen loswerden und ihre Beweglichkeit verbessern wollen, über Personen mit dem Wunsch, emotionale Blockaden zu lösen, bis hin zur Persönlichkeitsentwicklung. Ich biete derzeit anlässlich des 20-jährigen Bestehens meiner Praxis einige Mini-Workshops zu den Themen „sitzen – stehen – gehen“ an. Das umreißt auch die Zielgruppe ein wenig: Wer viel sitzt und nur in den Bildschirm schaut, der sinkt in sich zusammen und dem kann Rolfing zu mehr Lebensqualität verhelfen. Was den Wirkungsnachweis angeht, ist es beim Rolfing wie bei vielen alternativen Methoden, er ist bisher noch wenig untersucht. Das ändert sich zum Glück derzeit massiv: Die Wissenschaft entdeckt unsere Arbeit mehr und mehr, es gibt mittlerweile standardisierte Patientenbefragungen zur Wirkung des Rolfing, eine Doktorarbeit hierzu ist ebenfalls in Arbeit und so weiter. Und auch die Medien haben angebissen: Die ARD zeigt in ihrer Sendung „W wie Wissen“ am 14. Oktober einen Beitrag über Faszienforschung. Und das Bayrische Fernsehen sendet Ende Oktober ebenfalls in der Sendung „Gesundheit“ ein Stück über Rolfing. Das freut mich persönlich sehr, denn nach 20 Jahren Arbeit auf diesem Gebiet ist das auch eine gewisse Anerkennung.
? Sie sind wie erwähnt seit 20 Jahren in Freiburg als Rolferin tätig, das heißt hier sind sie sozusagen gut am Markt präsent. Wie beobachten sie die alternative Medizinszene hier, und was steht an Neuigkeiten bei ihrer Arbeit an?
! Ich merke natürlich, dass die 20 Jahre mit meiner Rolfing Praxis auch für etwas stehen: Manche Trends kommen und gehen wieder, beim Rolfing hingegen ist eher eine zunehmende Anerkennung spürbar. Ich selbst bin gerade nach Bahlingen an den Kaiserstuhl gezogen. Wenn wir hier mit dem Umbau fertig sind, werde ich auch hier im Ort ab dem kommenden Jahr zunächst einen Tag in der Woche meine Praxis öffnen. Mal sehen, wie das hier am Kaiserstuhl einschlägt, ich bin gespannt! |