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Corona im Griff, Materialpreise außer Rand und Band
Zimmereien, Schreinereien und Stuckateurbetriebe ziehen in Rust Bilanz
Erstes Treffen der Badische Bau- und Ausbauverbände seit 2018

Während sich viele Zimmerer-, Stuckateur- und Schreinerbetriebe in Südbaden mit Corona arrangiert haben, sind in den letzten Wochen die Auswirkungen des russischen Überfalls auf die Ukraine massiv zu spüren: Baumaterial ist entweder nicht mehr lieferbar oder hat sich extrem verteuert, die Energiekosten haben sich vervielfacht. Vor diesem Hintergrund wird die Angebotserstellung für Betriebe sehr schwierig, denn die Kalkulationsgrundlagen ändern sich nahezu täglich.

Ein Blick auf die Konjunkturdaten der L-Bank Baden-Württemberg von Mitte Juni 2022 zeigt, dass die Betriebe im Bauhauptgewerbe in Baden-Württemberg ihre eigene Situation als positiv wahrnehmen. Demnach entsprachen die Auftragsbestände im Mai einer „Produktion von 4,7 Monaten“ und lagen damit geringfügig über den Werten vom Mai 2021. Allerdings wird diese Entwicklung zunehmend gefährdet: Bei den Gründen für die „Beeinträchtigung der Bautätigkeit“ steht, so die L-Bank, die zunehmende Materialknappheit mit 50,3 Prozent ganz oben, gefolgt vom Fachkräftemangel mit 41,2 Prozent.

Wichtige Voraussetzung für eine prosperierende Bauwirtschaft ist die Zahl der Baugenehmigungen. Nach Angabe des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg ging im ersten Quartal 2022 die Zahl der „Baufreigaben für Neubauwohnungen“ gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 10.648 zurück, was einem Minus von 16 Prozent gegenüber dem Vorjahrszeitraum entspricht. Diesen Abwärtstrend gilt es unbedingt zu stoppen, hier muss die Politik aktiv eingreifen: Die Situation am Wohnungsmarkt in unserer Region ist nach wie vor angespannt, der Bedarf ist riesig. Bürokratische Hindernisse gilt es zu beseitigen und die Genehmigungsverfahren nicht unnötig in die Länge zu ziehen.

Zwei weitere wichtige Faktoren machen für viele künftige Bauherren – private wie gewerbliche – das Bauen zunehmend unerschwinglich: Die Preisexplosion bei den Materialpreisen und die immer teurer werdende Finanzierung. Manche Bauherren kommen in finanzielle Schwierigkeiten, sie müssen ihr Bauvorhaben auf unbestimmte Zeit verschieben. Es gilt hier Gegenmaßnahmen zu entwickeln – dieser Zustand muss schnellstmöglich beendet werden.

Nun aber der Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung von Holzbau Baden, dem Fachverband Ausbau und Fassade Baden sowie Schreiner Baden.

Zimmereien und Holzbaugewerbe

Ein Blick in den Lagebericht 2022 von Holzbau Deutschland vom Mai zeigt: Lag der Umsatz der Zimmereien 2020 bundesweit noch bei 9,026 Milliarden Euro, stieg er 2021 auf rund 9,712 Milliarden Euro. Für 2022 sieht die Prognose 10,246 Milliarden Euro vor.

Ähnlich positiv ist die Entwicklung bei Holzbau Baden. Dies zeigt ein Blick auf die Anzahl der errichteten Gebäude: 2021 lag die Bundesquote bei Wohngebäuden in Holzbauweise bei 21,3 Prozent, lag Südbaden mit 37% innerhalb Baden-Württemberg mit 34,3 Prozent an der Spitze. Ähnlich die Situation bei genehmigten Nichtwohngebäuden in Holzbauweise. 2021 betrug die Bundesquote 21,7 Prozent, in Baden-Württemberg 28,4 Prozent.

Stuckateurbetriebe

Bei den Stuckateurbetrieben in Südbaden zeigt sich folgende Bild: Viele der Betriebe sind mit der Auftragslage im Wohnungsbau und dem Bereich Altbausanierung / Modernisierung im Großen und Ganzen zufrieden. Entschieden anders zeigt sich die Situation in den Bereichen Wirtschaftsbau und öffentlicher Hochbau - hier klagen die Betriebe über zu wenig Aufträge.

Grundsätzlich kommt die starke Fokussierung der Bundesregierung auf die Erreichung der Klimaziele der Stuckateurbranche entgegen. Doch die Knappheit und die Preisentwicklung beim Material wird zum immer größeren Problem.

Schreinereien

Ein Blick auf die Wirtschaftsentwicklung bei südbadischen Schreinerbetriebe zeigt: Unternehmen mit Schwerpunkten im Möbelbau, Modernisierung/Sanierung und vorgefertigte Montage sind mit ihrer Auftragssituation mehrheitlich zufrieden. Weniger zufrieden sind Betriebe, die sich auf den Wohnungsbau fokussiert haben. Am unzufriedensten mit ihrer Auftragssituation sind die Betriebe, die sich auf den öffentlichen Bau ausgerichtet haben.

Auch hier zählen die Materialkosten und ihre Beschaffung zu den größten Problemen.

Ein Blick auf die aktuellen politischen Ereignisse ergibt einige Ungewissheiten für die Wirtschaftsregion Südbaden: Dazu zählen die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der damit zusammenhängende Boykott russischer Waren. Vor kurzem noch mit den Auswirkungen von Corona beschäftigt, hadern die Betriebe nun mit der Materialbeschaffung: Entweder ist nichts lieferbar oder die Preise haben sich vervielfacht. Hinzu kommt die extreme Verteuerung von Energie - Engpässe sind zu befürchten, die die Wirtschaft mit voller Wucht treffen können.

Inzwischen haben Preispreisgleitklauseln Einzug in die Verträge gehalten, doch darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Baukosten explodieren. Diese noch nie dagewesen Situation belastet die Betriebe enorm – aber auch die Bauherren. Damit stehen auch viele Arbeitsplätze in der Region auf dem Spiel.

Glücklicherweise hat die Bundesregierung kürzlich die Preisgleitklausel per Bundeserlass verlängert. Doch das ist erst der erste Schritt, denn die baden-württembergische Landesregierung sollte diese Vorgabe übernehmen und Städten und Gemeinden im Land ans Herz legen. Die neue Berliner Vorgab macht es möglich, dass künftig bereits ab 0,5 Prozent einer Auftragssumme die Preisgleitklausel greift. Bislang lag der Mindestanteil bei 1,0 Prozent.

Die neue Bundesregierung fokussiert sich noch stärker als ihre Vorgängerin auf den Klimawende, etwa durch die energetische Sanierung von Gebäuden. Doch Pläne sind das eine, die Umsetzung das andere. Fest steht, dass die Betriebe der Bau- und Ausbaubranche hier die richtigen Ansprechpartner sind. Allerdings ist der Fachkräftemangel in vielen Betrieben allgegenwärtig: Dem ist mit allen Mitteln zu begegnen – hier sind auch der Staat und Gesellschaft gefragt: Ohne Fachleute geht es nicht – sie sind die die Zukunft des Baus.

Bei der Ausbildung ist die Bauwirtschaft im Land schon auf einem guten Weg: Ein Blick auf den Ausbildungsmarkt in Baden-Württemberg 2022 zeigt eine zufriedenstellende Entwicklung bei den Bau-Ausbildungsberufen. Nur die Stuckteurbetriebe würde sich über mehr Bewerbungen freuen.

„Mit Blick auf die zunehmend angespannte wirtschaftliche Situation hoffen wir, dass Russland den Krieg sofort beendet und sich umgehend aus der Ukraine zurückzieht“, erklärt Cornelia Rupp-Hafner, Hauptgeschäftsführerin von Bau-Ausbau Baden. „Nur so lässt sich die aktuelle Situation entspannen und auf eine friedliche Entwicklung hoffen – in ganz Europa, aber auch hier bei uns in Südbaden. Wir brauchen Fortschritt, keinen Rückschritt!“
 
Eintrag vom: 06.07.2022  




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