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Schätze einer vergessenen Zivilisation
Archäologisches Museum zeigt erstmals Statuetten der Habalukke-Kultur

Erstmals zu Gast in Freiburg: außergewöhnliche Figuren der frühgeschichtlichen Mittelmeer-Zivilisation Habalukke. Das Archäologische Museum Colombischlössle zeigt seit Donnerstag, 7. April, die ausdrucksstarken Statuetten aus der Sammlung Affolter, darunter den berühmten „Singenden König“. Die Ausstellung „Habalukke – Schätze einer vergessenen Zivilisation“ läuft bis Sonntag, 31. Juli.

Im Jahr 1902 entdeckte Oberst Affolter auf der Rückkehr von einer Studienreise durch die Kykladen die Insel Sehnah, die allzu häufig auf den Landkarten fehlt. Dort, mitten im Mittelmeer, fand er eine ihm unbekannte Zivilisation: Habalukke… So beginnt die vom zeitgenössischen Berner Künstler Hans-Ulrich Siegenthaler geschaffene „reale Fiktion“.

Tatsächlich ist Oberst Affolter niemand anderes als das Alter Ego des Künstlers. Sorgfältig und mithilfe archäologischer Methoden hat dieser eine ganze Kultur zum Leben erweckt. Seiner Erfindungslust waren dabei keine Grenzen gesetzt: Siegenthaler hat nicht nur jede Menge Habalukke-Skulpturen geschaffen, sondern auch Fundtafeln, Modelle von Ausgrabungen oder einen Briefwechsel mit Archäologie-Kollegen.

Dabei ist es ihm gelungen, einer möglichen Realität so nahe zu kommen, dass die Erfindung sogar für anerkannte Archäologinnen und Archäologen nicht sofort ersichtlich ist. Helena Pastor und Beate Grimmer-Dehn, denen die Ausstellung vom Neuen Museum in Biel angeboten wurde, stutzten zunächst. Haben wir im Studium etwas verpasst, fragten sich die Museumsleiterinnen, bis sie dem Künstler auf die Schliche kamen.

Das Archäologische Museum Colombischlössle zeigt nun einen Überblick über die Geschichte der Habalukke-Kultur und lässt sein Publikum zunächst bewusst im Unklaren. Der Rundgang beginnt bei der Proto-Habalukke-Kultur aus der Jungsteinzeit: Bei den Statuetten aus gebranntem, orangefarbenem Ton handelt es sich häufig um weibliche Statuetten mit üppigen Formen, teilweise reich verziert.

In der Bronzezeit erlebte Habalukke eine Blütezeit. Unter den Objekten aus der klassischen Phase fallen Tonfiguren mit blau gefärbten Gesichtern und geflügelte Wesen auf. Opferkönige oder Gottheiten mit erhobenen Armen spiegeln die Mythen einer Kultur wider, die vom Ideenaustausch mit dem östlichen Mittelmeerraum geprägt war. Der „singende König“ und die „Zehn Entscheidungsträger bei einer Ratsversammlung“ stammen aus dieser Zeit.

Oberst Affolter war nicht nur Entdecker und Forscher, er war auch in der Kunstszene seiner Zeit bestens vernetzt. Mit August Macke, der selbst die Insel Sehnah besuchte und Affolters Schwester Bernadette in Kandern unterrichtet haben soll, verband ihn eine enge Freundschaft. In der Ausstellung belegt diese Verbindung ein Porträt von Affolters Schwester, das augenscheinlich von Macke gemalt ist – oder hat Siegenthaler hier selbst den Pinsel geschwungen?

Wie passt das zusammen: Die Träume eines archäologie-begeisterten Künstlers und der Auftrag des Museums, erwiesene Inhalte zu präsentieren? Und wie steht es heute um die Träume der Archäologinnen und Archäologen? Hoffen sie noch, die Überreste einer vergessenen Kultur zu entdecken? Die Besucherinnen und Besucher sind eingeladen, Theorien der Archäologie, die Museumspraxis und die Geschichte der Objekte zu hinterfragen.

Der 1952 geborene Berner Künstler Hans-Ulrich Siegenthaler, auch HUS genannt, ist seit den 1970er Jahren als Multimediakünstler tätig. Seit den frühen 1990ern beschäftigt er sich mit der Erschaffung einer „realen Fiktion“ in Form einer neuen Kultur, die von prähistorischer Zeit bis in die Gegenwart reicht.

Das Archäologische Museum stellt den Habalukke-Figuren in der Ausstellung zwei sogenannte Kykladen-Idole gegenüber. Die hochkarätigen Originale, Leihgaben des Badischen Landesmuseums Karlsruhe, sind charakteristisch für die berühmte Kykladenkultur.

Ein umfangreiches Programm begleitet die Ausstellung: Bei Impulsvorträgen mit Diskussionsrunden, Führungen, Workshops und Bildungsprogrammen für Schulen steht der Dialog von Archäologie und Kunst im Mittelpunkt. Weitere Informationen zur Ausstellung und allen Veranstaltungen gibt es unter www.freiburg.de/habalukke.

Das Archäologische Museum Colombischlössle, Rotteckring 5, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr und mittwochs bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 5 Euro, ermäßigt 3 Euro. Für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene unter 21 Jahren, Mitglieder des Freundeskreises und mit Museums-Pass-Musées ist er frei.

Die Städtischen Museen Freiburg empfehlen weiterhin das Tragen einer FFP2- oder medizinischen Maske und bitten um die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln.
 
Eintrag vom: 21.04.2022  




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