Freiburg fährt sehr viel Rad, läuft zu Fuß oder nimmt den öffentlichen Nahverkehr, aber selten nur das Auto
Knapp achtzig Prozent der Wege in der Stadt umweltfreundlich zurückgelegt
Freiburg fährt sehr viel Rad, läuft zu Fuß oder nimmt den öffentlichen Nahverkehr, aber selten nur das Auto – das sind knapp die Ergebnisse aus der umfangreichen Untersuchung im Auftrag des Garten- und Tiefbauamts zum Verkehrsverhalten der Freiburger Bevölkerung bei ihren Wegen durch die Stadt. Rund 1.600 Haushalte mit 3.600 Personen hatte das mit der Befragung betraute Institut letztes Jahr in Freiburg angeschrieben und um ein Wegetagebuch an einem Stichtag im Juni oder Juli sowie Oktober oder November gebeten. Gefragt wurde nicht nach Meinungen, Einstellungen oder Wünschen, sondern nach dem tatsächlichen Verkehrsverhalten der befragten Personen an diesem Stichtag. Zuletzt waren für Freiburg vergleichbare Zahlen 1999 erhoben worden, davor 1982. Zeitgleich zur jetzigen Erhebung in Freiburg ließ der Zweckverband Regio-Nahverkehr (ZRF) gleich viele Haushalte und Personen in den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen befragen. Hier werden die Ergebnisse Mitte des Jahres zusammen mit den Ergebnissen der regionalen Verkehrserhebung vorgestellt.
Die genaueren Ergebnisse dieses sogenannten „Modal-Splits“ sind: Das Fahrrad ist mit 34 Prozent mit Abstand das wichtigste Verkehrsmittel für die Freiburgerinnen und Freiburger, gemessen an der Zahl der Wege, die innerhalb des Stadtgebietes zurückgelegt werden. Zu Fuß läuft die Freiburgerin oder der Freiburger mit 29 Prozent knapp ein Drittel der Wege. Damit werden mit 63 Prozent annähernd zwei von drei Wegen nicht motorisiert, sondern mit Fahrrad oder zu Fuß in Angriff genommen. Rechnet man die 16 Prozent, bei denen Stadtbahn, Bus oder S-Bahn das Verkehrsmittel der Wahl sind, dazu, sind es 79 Prozent aller Wege, die Freiburgs Bürgerinnen und Bürger umweltfreundlich zurücklegen.
Angesichts dieser Zahlen stellt Oberbürgermeister Dieter Salomon bei der Vorstellung der Ergebnisse fest: „Freiburg fördert sowohl den ÖPNV, das Fahrrad als auch den Fußverkehr. Dies ist das Erfolgsrezept, mit dem es der Stadt seit Jahren gelingt, den Anteil des umweltfreundlichen Verkehrs in der Stadt zu steigern.“ Er weist darauf hin, dass dies nur möglich ist durch das Zusammenwirken der Anstrengungen von Stadt, Freiburger Verkehrs AG (VAG) und weiteren Anbietern, die die Verkehrslandschaft gestalten. „Vor allem aber die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger, sich umweltverträglich zu verhalten und die Angebote auch anzunehmen, ist Grundlage dieses guten Ergebnisses“, erklärte Salomon.
Auch der Minister für Verkehr des Landes Baden-Württemberg, Winfried Hermann, gratulierte der Stadt zu ihren verkehrspolitischen Erfolgen: „Die Stadt Freiburg hat gezeigt, dass Kommunen mit ausgewogenen Gesamtkonzepten für den Verkehr viel zur Förderung einer klima- und stadtverträglichen Mobilität erreichen können. Das Land hat dafür gerne auch seine Förderung zur Verfügung gestellt.“
Für die Interpretation ist zu beachten, dass dieses Ergebnis ausschließlich auf Wegen basiert, die in der Stadt begannen und auch endeten, also dem Binnenverkehr. Er stellt die Mobilität der in Freiburg wohnenden Menschen innerhalb der Stadt dar. Für solche eher kürzeren Wege wird mehr zu Fuß gegangen oder Rad gefahren.
Zwischen 1999 und 2016 nahm der Anteil der Fußgängerinnen und Fußgänger wieder von 23 auf 29 Prozent zu, nachdem er zwischen 1982 und 1999 stark zurückgegangen war. Den größten Höhenflug nahm der Anteil des Fahrrads, er stieg nochmals deutlich von 27 auf 34 Prozent. Der Vergleich der Zahlen von 1999 mit 2016 zeigt für den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) eine leichte Abnahme von 18 auf 16 Prozent. Dabei ist zu beachten, dass der Anteil des ÖPNV genauso wie der des Radverkehrs jahreszeitlich und wetterabhängig schwankt. Die absoluten Fahrgastzahlen der VAG weisen im gleichen Zeitraum ein Wachstum um 20 Prozent auf. Sehr wichtig ist vor allem, dass der Anteil der Wege, die mit dem Auto zurückgelegt werden, deutlich von 32 auf 21 Prozent abgenommen hat.
„Dieser Wert ist für die Stadt aber auch bundesweit Spitze“, freut sich OB Salomon. „Freiburg ist zurzeit in Deutschland vermutlich die Stadt mit dem geringsten Anteil an Autoverkehr und dem höchsten Anteil des sogenannten Umweltverbundes in der Verkehrsmittelwahl, also Fahrrad, ÖPNV und zu Fuß“, erklärte Bürgermeister Prof. Martin Haag. Vergleicht man dies mit anderen Städten, die für hohe Anteile bei den umweltfreundlichen Verkehrsarten bekannt sind, zeigt sich für Freiburg eine Besonderheit. Hier sind sowohl die Anteile des ÖPNV als auch die Anteile von Fuß- und Radverkehr hoch.
Für die Stadt Freiburg bedeuten die Zahlen auch, dass bereits jetzt die Zielwerte des Verkehrsentwicklungsplans von 2008 deutlich übertroffen sind. „Auch das Ziel des Radkonzeptes 2020, den Radverkehr auf über 30 Prozent zu steigern, ist bereits erreicht“, bilanziert der Leiter des GuT, Frank Uekermann.
Der sehr hohe Anteil des Rades an den Modal-Split-Werten ist für Haag sehr plausibel: „Die vielen Radlerinnen und Radler sind täglich im gesamten Stadtgebiet zu sehen. Fahrrad zu fahren, sich zu bewegen und aus eigener Kraft fortzubewegen, gehört für viele Freiburger Menschen zum Lebensgefühl. Es wird als Teil der Freiburger Lebensqualität empfunden“, kommentiert Haag.
Das gesamte Verkehrsgeschehen auf Freiburg Straßen wird die Verwaltung mit Hilfe eines neuen Verkehrsmodells im zweiten Halbjahr 2017 betrachten. Denn die Freiburger Erhebung ist Teil der Erarbeitung eines neuen rechnergestützten Verkehrsmodells für Freiburg und die Region mit den Landkreisen Emmendingen und Breisgau-Hochschwarzwald. Das Modell dient dazu, auf der Basis einer möglichst realitätsnahen Abbildung des aktuellen Verkehrsgeschehens Prognosen oder Szenarien zur Verkehrsentwicklung darzustellen zu können. Die benötigt man für die Planung von Verkehrsvorhaben wie Stadtbahnen oder Straßenbau oder im Zusammenhang mit der Stadtentwicklung bei der Flächennutzungsplanung, der verkehrlichen Einbindung von Baugebieten und anderem. Auch können damit Aussagen zu den Umweltauswirkungen der Planungen abgeleitet werden wie zum Beispiel der Kohlendioxidausstoß.
Mit der Befragung war das Institut Omnitrend, Empirische Forschung und Analyse, Leipzig beauftragt. Ausgewertet hat die PTV Planung Transport Verkehr AG, Karlsruhe, die auch das neue regionale Verkehrsmodell für die Stadt Freiburg und den ZRF entwickelt.
Die Finanzierung der Haushaltsbefragung sowie des städtischen Teils des Verkehrsmodells in Höhe von 300.000 Euro kam vollständig aus dem Klimaschutzfond der Konzessionsabgabe. Der Gemeinderat hatte 2014 beschlossen, dass 25 Prozent der Konzessionsabgabe, die Badenova an die Stadt Freiburg bezahlt, für Klimaschutzprojekte verwendet werden. Die Daten aus dem Modal-Split sind wichtig für die Steuerung von Klimaschutzaktivitäten im Verkehr. Eine Aktualisierung galt als dringlich, weil die städtischen Klimaschutzziele nur durch eine auf guten Daten basierende, aktive Unterstützung der umweltfreundlichen Verkehrsträger erreicht werden können. |