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Baufinanzierung: Nur 5 von 21 Banken und Vermitt­lern beraten gut
Ob Wohnung oder Haus, für Immobilienkäufer bleibt eine gute Beratung die Ausnahme. Im Praxis­test zur Baufinanzierung stellte Finanztest bei vielen der 21 getesteten Banken und Kredit­vermitt­lern erhebliche Mängel fest. Mal klaffte im Finanzierungs­plan eine Lücke von vielen tausend Euro, mal waren die Kreditraten für den Kunden viel zu hoch. Im Angebot fehlten oft wichtige Informationen über die Rest­schuld oder Möglich­keiten zur Sondertilgung. Und einige Kredite waren einfach viel zu teuer, berichtet Finanztest in ihrer März-Ausgabe und unter www.test.de/baufi-beratung.

Der Testfall war nicht schwer, er hätte den Beratern keine Probleme bereiten dürfen. Doch viele Bank­berater patzten gleich mehr­fach. So empfahl ein Mitarbeiter der Sparda West eine Kreditsumme, die fast 33.000 Euro höher war als der Kreditbedarf des Kunden. Die monatliche Kreditrate war zu hoch und die Kredit­kombination passte nicht zusammen.

Die Bilanz der insgesamt 143 Test­gespräche in jeweils sechs bis sieben Filialen von Banken und Kredit­vermitt­lern ist ernüchternd. Die meisten Banken kamen über ein Befriedigend oder Ausreichend nicht hinaus. Zwei Banken erhielten sogar ein Mangelhaft. Nur fünf Baufinanzierer über­zeugten mit durch­dachten Finanzierungs­konzepten, nied­rigen Zinsen und meist übersicht­lichen Kredit­informationen.

Wer einen Baukredit braucht, kann sich gut vorbereiten und Schwächen bei der Bank­beratung ausgleichen. Finanztest zeigt, was Bauherren und Immobilienkäufer selbst dafür tun können, um eine passende Finanzierung zu bekommen.

Der ausführ­liche Test erscheint in der März-Ausgabe der Zeitschrift Finanztest (seit 15.02.2017 am Kiosk) und ist bereits unter www.test.de/baufi-beratung abruf­bar.


Drei Fragen an Renate Daum, Finanztest-Redak­teurin:

Wie gut ist die Bank­beratung für die Baufinanzierung?
Leider erlebten unsere Tester über die Jahre einige mangelhafte Beratungen. Das wird dann schnell sehr teuer für den Kreditnehmer. Schon allein, wenn die Finanzierung nicht passt, zieht das leicht Mehr­kosten in fünf­stel­liger Höhe nach sich.

Was können Immobilienkäufer tun?
Einiges. Das gilt vor, während und nach einem Beratungs­termin. Wer gut vorbereitet ist, hat zudem gute Chancen, schnell eine verbindliche Kredit­zusage zu bekommen und schafft es damit vielleicht Mitbewerber um eine begehrte Immobilie auszustechen.

Wie bereitet man sich am besten vor?
Gleich nach dem Entschluss zum Immobilienkauf sollte man über die Finanzierung nach­denken und ausrechnen, wie hoch Kredit und Kauf­preis ausfallen dürfen. Nutzen kann man dafür unsere Anleitung oder unseren Internetrechner (www.test.de/rechner-baufinanzierung).

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"Praxistest Baufinanzierung"

von Heinz Landwehr, Chefredakteur Finanztest

Für den Kauf einer Immobilie oder den Bau eines Hauses geben die Menschen in Deutschland sehr viel Geld aus. Allein im Jahr 2016 schlossen sie Baukredite über ein Volumen von mehr als 235 Milliarden Euro ab. Das ist fast so viel wie im Rekordjahr 2015.

Um mehrere Hunderttausend Euro geht es bei der richtigen Finanzierung der Traumimmobilie. Auf die Empfehlung eines Bankberaters allein sollte sich niemand verlassen. Denn dann wird das Projekt oft unnötig teuer und kann schnell zu einem finanziellen Reinfall werden.

Immer wieder empfehlen Berater Finanzierungen, deren Kreditraten sich der Kunde gar nicht leisten kann. Die monatlichen Raten sind oft zu hoch. In manchen Fällen reicht die Kreditsumme nicht, um die Immobilie zu finanzieren. Und viele Finanzierungen sind schlicht zu teuer.

Unser Test der Beratung zur Baufinanzierung hat diese Risiken deutlich zutage gefördert. Wir haben in 143 Testgesprächen bei 21 Banken und Vermittlungsgesellschaften geprüft, wie gut sie Kunden beraten, die einen Kredit für ihre Immobilie benötigen. Passt das Angebot zur Lebenssituation? Ist es kostengünstig? Informiert der Berater umfassend und verständlich über die monatliche Belastung, über die Laufzeit des Kredits und die einzelnen Kreditbausteine?

Die Ergebnisse sind ernüchternd. Denn vielen Beratern unterliefen schwere Fehler. Wären die Kunden ihren Empfehlungen gefolgt, hätten sie viel Geld in den Sand gesetzt. Neben dem Testsieger, der Frankfurter Volksbank, erreichten die Frankfurter Sparkasse, die Vermittler Dr. Klein und Interhyp sowie die Stadtsparkasse München ein „Gut“. Das Gros der Anbieter war jedoch nur „befriedigend“ oder „ausreichend“. Die Berater der Sparda West und der Sparkasse Köln-Bonn machten so schwere Fehler, dass beide Institute die Note „Mangelhaft“ erhielten.

Bemerkenswert ist, dass von den überregionalen Baugeldanbietern nur Dr. Klein und Interhyp eine gute Note erreichten. Die Allianz, die Deutsche Bank und die Hypovereinsbank erwiesen sich als nur befriedigend und gehören damit zum Mittelmaß. Die Commerzbank und Postbank erhielten sogar nur ein „Ausreichend“. Beide schrammten knapp an einem „Mangelhaft“ vorbei.

Für den Test haben wir 21 Anbieter von Immobilienfinanzierungen entsprechend ihrer Marktbedeutung ausgewählt: Vertreten waren große überregionale Banken, eine Versicherung, die Allianz, überregionale Vermittler sowie große regionale Institute der Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Unsere Tester vereinbarten jeweils sieben Beratungsgespräche in verschiedenen Geschäftsstellen.

Der Testfall hätte keinem Berater Probleme bereiten dürfen: Ein Ehepaar wollte eine Eigentumswohnung kaufen, die je nach örtlichen Marktverhältnissen 250 000 bis 425 000 Euro kosten sollte. Die Eheleute verfügten über ein solides Eigenkapital und konnten sich mit ihrem Einkommen eine Tilgung in Höhe von mindestens 3 Prozent leisten. Zu dem Beratungsgespräch brachten sie ein Exposé ihrer Wunschimmobilie mit sowie eine Auflistung ihres Vermögens und ihrer laufenden Einnahmen und Ausgaben.

Vielen Beratern half das leider nicht – sie pfuschten schon beim Fundament der Finanzierung. So übersahen sie, dass die zukünftigen Eigentümer ja nicht nur die monatliche Kreditrate, sondern auch das Hausgeld für Heizung, Wasser und sonstige Nebenkosten zahlen mussten. Für die Immobilien der Testkunden wären das bis zu 450 Euro im Monat gewesen. Andere Berater scherten sich bei den monatlichen Ausgaben nicht um die Angaben der Kunden, sondern setzten einfach niedrigere Lebenshaltungskosten an. So war in jedem vierten Testfall die monatliche Kreditrate um mehr als 100 Euro zu hoch. Besonders häufig passierte das den Beratern der Commerzbank, Hypovereinsbank, der Sparda München und der Sparda West.

In manchen Fällen reichte die empfohlene Kreditsumme gar nicht aus, um die Immobilie zu finanzieren. Hier setzten Berater einfach vorhandene Sparbriefe als Eigenkapital an, obwohl diese Geldanlagen erst in zwei Jahren frei waren. Eine solche Finanzierungslücke klaffte besonders häufig bei der Allianz, der Deutschen Bank und der Postbank.

Viele Testkunden erhielten auch Geld im Überfluss: So empfahl ein Mitarbeiter der Sparda West einen Kredit, der fast 33 000 Euro höher war als der Bedarf, den er zuvor selbst ermittelt hatte. Der Kunde zahlt dann unnötig viel Zinsen, auch weil ein höherer Kreditanteil am Kaufpreis den Zinssatz in die Höhe treibt.

Ein Erlebnis der besonderen Art hatte ein Testkunde bei der Berliner Sparkasse. Die Beraterin erklärte ihm, dass er laut EU-Richtlinie keinen Kredit für die gewünschte Wohnung bekommen könne, da er schon 45 Jahre alt sei und den Kredit nicht bis zur Rente tilgen könne. Das ist schlicht Unsinn. Nach der sogenannten Wohnimmobilienkredit-Richtlinie reicht es aus,
wenn Kunden ihre finanzielle Verpflichtung aus dem Vertrag „wahrscheinlich“ erfüllen können. Das stand bei unserem Testkunden völlig außer Frage. Die Richtlinie verpflichtet Banken, die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden genau zu prüfen. Offensichtlich hat die heftige Kritik an dieser Vorgabe in den letzten Monaten besonders seitens der Sparkassen hier zu Missverständnissen geführt.

Unser Test zeigt, wie viel Geld Kunden mit der passenden Finanzierung sparen oder unnötig ausgeben. So empfahl ein Berater der Commerzbank das „ZinsGarantieModell“. Das ist eine spezielle Kreditkombination mit einem Bausparvertrag, für die die Bank mit „Zinssicherheit“ und „günstigen Konditionen“ wirbt. Tatsächlich ist das Modell kompliziert und teuer. Bei vergleichbaren Angeboten günstiger Banken hätte der Kunde rund 35 000 Euro weniger Zinsen gezahlt. Zudem hätte er sich das Commerzbank-Modell gar nicht leisten können, da die Monatsrate für ihn um 350 Euro zu hoch war.

Die hohen Kosten dieses Angebots aus Kredit und Bausparvertrag konnten Laien nicht erkennen. Ähnlich wie andere Banken verschwieg die Commerzbank den Effektivzins für die gesamte Laufzeit der Kombination, obwohl diese Angabe seit März 2016 gesetzlich vorgeschrieben ist. Der Zins lag nach unseren Berechnungen bei 2,7 Prozent. Zu dem Zeitpunkt war ein vergleichbarer Kredit schon für rund 1,5 Prozent zu haben.

Dass ein niedriger Zins für eine gute Baufinanzierung entscheidend ist, liegt auf der Hand. In unseren Testfällen macht ein um 0,5 Prozentpunkte besserer Zins im Schnitt eine Ersparnis von fast 20 000 Euro aus. Um eine günstige Finanzierung anzubieten, muss eine Bank nicht unbedingt ihre eigenen Kredite zu Topzinsen verkaufen. Es reicht, wenn sie auf gute Angebote von Kooperationspartnern zurückgreift. Die Frankfurter Volksbank wurde auch deshalb Testsieger, weil sie günstige Kredite der Münchener Hypothekenbank mit Riestergeförderten Darlehen der Bausparkasse Schwäbisch Hall kombinierte.

Kunden müssen verstehen können, was Berater empfehlen. Schließlich geht es um sehr viel Geld. Ein Schmierzettel mit unverständlichen Abkürzungen, wie ihn ein Berater der Sparda Baden-Württemberg aushändigte, reicht natürlich nicht. In jeder fünften Beratung bekamen unsere Tester keine Tilgungspläne und manchmal erfuhren sie nicht einmal, wann sie ihre Schulden voraussichtlich los sein würden. Das Europäische Standardisierte Merkblatt ESIS, das alle wichtigen Kreditkonditionen enthält, händigte nicht einmal jeder dritte Berater aus. Vor Abschluss des Vertrages ist die Bank dazu gesetzlich verpflichtet. Kundenfreundlich wäre es aber, das Blatt schon nach der ersten Beratung mitzugeben. Denn dann können Kunden Angebote verschiedener Banken leichter vergleichen und Fehler wie zu hohe Kreditraten erkennen.

Neben vielen kritischen Punkten gibt es aber auch Positives. Die meisten Berater empfahlen eine Zinsbindung von 15 oder 20 Jahren. Solche langen Laufzeiten sind im aktuellen Zinstief sinnvoll. Wichtig ist es, dass der Kreditnehmer trotzdem noch flexibel bleibt und zwischendurch Sondertilgungen leisten oder die Tilgungsrate verändern kann. Dann passt sich der Kredit ein Stück weit Veränderungen im Leben an.

Gute Beratung ist kein Zufall, sondern hat System. Der Testsieger, die Frankfurter Volksbank, schnitt bereits in unserem Beratungstest im Jahr 2013 am besten ab. Und sie lag auch vorn im Test der Anlageberatung der Banken im vergangenen Jahr. In den Gesprächen wurde deutlich, dass die Berater einem einheitlichen Standard folgen. Die Testkunden erfuhren sofort, dass es noch ein zweites Gespräch geben würde. Die Berater erfassten systematisch die Kundensituation und entwickelten im Gespräch das Gerüst der Finanzierung. Sie schickten dem Kunden anschließend einen schriftlichen Vorschlag und begründeten ihre Empfehlungen. Die Kunden erhielten übersichtliche Informationen und konnten sich gut auf das nächste Gespräch vorbereiten.

Banken, die schlecht abgeschnitten haben, sollten klare Leitlinien für die Beratung entwickeln und sicherstellen, dass ihre Berater sie auch befolgen

Aber auch die Kunden sind gefragt. Sie können viel dafür tun, dass sie mit einem schlechten Berater zu einer guten Finanzierung kommen. Schon während der Suche nach eine Immobilie sollten sie für sich klären, wie hoch Kredit und Kaufpreis ausfallen dürfen.

Dazu sollten sie einen Kassensturz machen, verfügbares Eigenkapital, ihre monatliche Einnahmen und Ausgaben auflisten und überlegen, ob Änderungen ihrer finanziellen Situation absehbar sind.

Diese Punkte müssen Kunden in der Beratung klar benennen und darauf bestehen, dass sie im Anschluss übersichtliche Informationen zu den Eckpunkten der Finanzierung erhalten. Das sind insbesondere die Kreditsumme, die Laufzeit, der Effektivzins, die monatliche Belastung, die anfängliche Tilgungsrate und die Restschuld nach Ablauf der Zinsbindung. Diese Informationen sind in dem ESIS-Blatt zusammengefasst.

Damit ist es möglich, zu vergleichen. Insgesamt sollten Kunden wenigstens zwei bis drei weitere Angebote einholen. Sie können sich auch bei einer Verbraucherzentrale beraten lassen.

Wer sich selbst schlau macht, wird eine Finanzierung erhalten, die wirklich zu ihm passt und viel Geld sparen. Und das Gefühl, dem Berater nicht ausgeliefert zu sein, ist auch nicht schlecht.
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Eintrag vom: 18.02.2017  




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