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Andrea Fraser »Museum Highlights: A Gallery Talk«
VIDEOBOX »Museum Matters«
Staatsgalerie Stuttgart
bis 5.3.2017

Unter dem Titel »Museum Matters« konzentriert sich die neue Reihe der Videobox auf Arbeiten von jüngeren und etablierten Künstlern und Filmemachern, die das Museum zu ihrem Gegenstand machen. Dokumentarisch, experimentell, essayistisch oder narrativ nehmen sie Museen, ihre Ansätze, Präsentationen und Formen der Vermittlung in den Blick, um Bedingungen von Sammlungen sichtbar zu machen und alternative Archive herauszufordern.

Ist das Museum ein kollektiver Speicher von Wissen oder Plattform für Experimente? White Cube oder Werkstatt? Architekturikone oder interaktiver Ort der Kommunikation?

Lange schon gibt es verschiedene Vorstellungen, Theorien und Utopien über das Museum. Immer wieder hat sich diese Institution in ihrer Geschichte geändert. Nicht zuletzt Künstler setzen sich stetig mit diesem öffentlichen Ort von Bildern und Bilderfahrungen auseinander, der zwischen Gegensätzen wie Geschichte und Zukunft, Konjunktur und Krise pendelt. Einerseits waren Museen traditionell Ausbildungsinstrumente und mitunter Ateliers für sie. Andererseits haben Künstler in ihrer Kunst wie in ihren Manifesten Museen beharrlich attackiert, ihre scheinbare Neutralität und Objektivität kritisch thematisiert und ihre Gesten des Zeigens etwa aus feministischer, antirassistischer und antikolonialer Perspektive hinterfragt.

Die Reihe beginnt mit Andrea Frasers Videoarbeit »Museum Highlights: A Gallery Talk« (1989)

»Museum Highlights: A Gallery Talk« ist einer ihrer frühesten »Gallery Talks«, mit denen Fraser seit Mitte der 1980er-Jahre Präsentationsformen, Hierarchien und Ausschlussmechanismen von Kunstinstitutionen untersucht. Das Video basiert auf einer Performance der Künstlerin im Philadelphia Museum of Art. In der Rolle der erdachten Kunstdozentin »Jane Castleton« führt sie auf hintergründige wie humorvolle Weise durch das Museum, das zu den bedeutendsten Sammlungen von Kunst und Kunsthandwerk in den USA zählt. Inhaltlich basieren Frasers Ausführungen auf Dokumenten und Texten aus den Archiven des Museums wie aus Psychoanalyse, Ökonomik und Soziologie. Im Video spricht sie leidenschaftlich und direkt in die Kamera. Wie üblich in Führungen führt sie zunächst in Geschichte und Sammlung des Museums ein. Zunehmend aber schweift sie ab, geht auf scheinbare Nebensächlichkeiten des Museums wie Garderobe, Toiletten oder Museumsshop ein und denkt über Sozialgeschichte und gesellschaftliche Aufgaben des Museums in den USA nach.

Mit theatralischem Geschick analysiert sie so klug und kritisch Beziehungen zwischen Klasse und Geschmack, Philanthropie und Politik sowie ihre Folgen. Doch hat Fraser in »Museum Highlights: A Gallery Talk« nicht nur die Institution Museum und ihre Machtstrukturen im Blick. Auch die Bedeutung von Besuchern, die das Museum »schafft«, und Künstlern wie sie selbst, die mit ihm arbeiten, untersucht ihr bestechendes Rollenspiel.

Es sind der Blick auf das Umfeld von Kunst und der Zweifel, dass Museen und ihre Akteure nur ihre »neutralen« Vermittler sind, die das Werk von Andrea Fraser prägen. Mit ihren Videos, Performances und Installationen ist die Künstlerin eine Protagonistin der »Institutionskritik«, die seit den 1960er-Jahren den Kunstbetrieb mit seinen sozialen, institutionellen und ökonomischen Strukturen wie auch das eigene Tun in den Blick rückt.

zum Bild oben:
Andrea Fraser »Museum Highlights: A Gallery Talk«, 1989, Video, Farbe, Ton, 29’, Still, Courtesy: Andrea Fraser, Galerie Nagel Draxler, Berlin / Köln
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Eintrag vom: 20.01.2017  




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