Zum Weltbodentag 2016 am 5. Dezember fordert Slow Food Deutschland die Politik dazu auf, beim Thema Bodennutzung umzusteuern. Die nicht erneuerbare Ressource Boden ist unsere Lebensgrundlage, denn über 90 % aller Nahrungsmittel entstehen im, auf oder durch den Boden. Obwohl die Folgen des Klimawandels schon deutlich zu sehen sind, gibt es bislang keinen politischen Rahmen, der unsere Böden vor Degradation oder anderem Raubbau schützt. Laut Umweltbundesamt und BMZ gehen weltweit jährlich 10 Millionen Hektar Ackerfläche verloren und es gibt immer weniger fruchtbare Böden.
Ursula Hudson, die Vorsitzende von Slow Food Deutschland erklärt dazu:
"Weiter so wie bisher ist keine Option, wenn wir nicht nur auf kurzsichtige, ökonomische Interessen sondern auf eine für unsere Enkel bewohnbare Erde setzen wollen. Slow Food Deutschland fordert eine Abkehr vom industriellen Lebensmittelsystem, das negative Auswirkungen auf die Bodenfruchtbarkeit hat, und die Hinwendung zu biologisch bewirtschafteten Polykulturen. Nicht nur der Verzicht auf Herbizide und Pestizide ist ausschlaggebend für den Grad der Bodenfruchtbarkeit, sondern auch die Art und Weise der Bepflanzung: So können Monokulturen z. B. den Humusgehalt und die Fauna des Bodens negativ beeinflussen.
Eine nachhaltige Landnutzungsform hingegen ist die Weidehaltung: Der Boden ist hier ganzjährig bedeckt und mit Wurzeln durchdrungen. Würmer und eine Vielzahl anderer Lebewesen finden hier einen idealen Lebensraum. Dung und Vertritt der Wiederkäuer regen überdies noch das Wurzelwachstum an und so reichert sich Biomasse im Boden an. Diese wird umgebaut zu Humus, der zum Großteil aus Kohlenstoff besteht. Eine Weide ist somit nicht nur lebendiger und fruchtbarer, sondern bindet auch mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Im Zentrum unserer Landwirtschaft sollten deshalb landwirtschaftliche Systeme mit nachhaltiger Weidehaltung stehen, statt Massentierhaltung und intensiver Ackerbau für Futtermittel. Dies erfordert einen politischen Rahmen, der Ökosysteme und landwirtschaftliche Bewirtschaftungssysteme schützt und begünstigt, die auf Zukunftsfähigkeit setzen."
Biologischer Anbau und traditionelle Weidehaltung sind klimafreundlicher
Die Ressource Boden spielt eine entscheidende Rolle im Zusammenhang mit der globalen Klimaveränderung, denn Böden sind nach den Meeren die größten CO2-Speicher. Deshalb fordert Slow Food die Umstellung auf Anbaumethoden und Haltungsformen von Tieren, die CO2 stärker zurück in den Boden binden als andere. Dazu gehört unter anderem die Weidehaltung. In ihrem Buch "Die Kuh ist kein Klima-Killer!" erklärt Dr. Anita Idel, Tierärztin und Mitglied der Archekommission von Slow Food Deutschland: "Weidehaltung schützt das Klima, denn das Beweiden löst einen Wachstumsimpuls aus: Dann werden mit der Energie der Sonne das oberirdische Grün und die unterirdischen Wurzeln gebildet. Die Masse dieses Wachstums ist CO2 aus der Luft. Da aus den Wurzeln von heute der Humus von morgen entsteht, entlastet eine zusätzliche Tonne Humus im Boden die Atmosphäre um 1,8 Tonnen CO2. Durch nachhaltiges Beweidungsmanagement können sogar erodierte Böden wieder revitalisiert werden und die weltweit fruchtbarsten ackerfähigen Böden sind entstanden durch jahrtausendelange Beweidung."
Auch der biologische Anbau wirkt sich positiv auf Klima und Boden aus. Eine vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) mit einer Gruppe von internationalen Klimaexperten veröffentlichte Vergleichsstudie bestätigt, dass der biologische Landbau mehr Kohlenstoff zurück in den Boden speichert als der konventionelle Landbau. Die Studie "Enhanced top soil carbon stocks under organic farming" wurde in der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht: http://www.pnas.org/content/109/44/18226.full.pdf
Ausweitung der biologischen Anbauflächen
In Deutschland steigt die Nachfrage an Bioprodukten seit Jahren, nun muss auch die Produktionsfläche für den biologischen Anbau hierzulande deutlich ausgeweitet werden, einerseits, um die Nachfrage der Verbraucher nach ökologisch erzeugten, lokalen und biokulturell vielfältigen Produkten zu bedienen, und andererseits, um der Bodendegradation Einhalt zu gebieten.
Verursacherprinzip umsetzen
Eine Agrarwende ist unumgänglich: Einerseits müssen Landwirte, die pestizidfrei und bodenschonend wirtschaften, begünstigt werden. Andererseits müssen Verursacher endlich zur Rechenschaft gezogen werden. Die Produktion günstiger Produkte geht nur auf Kosten der Natur und momentan werden die externen Kosten an die Allgemeinheit ausgelagert. Der Erzeuger bleibt verschont und wird bestenfalls noch staatlich gefördert. Die Absurdität dieser Denke ist unakzeptabel. Ökologisch produziert ist zukunftsfähig und muss daher der ,Mainstream' sein.
Am 21. Januar 2017 gehen Slow Food Deutschland und der gesamte Trägerkreis der "Wir haben es satt!"-Demo zum 7. Mal auf die Straße, um gegen die industrielle Landwirtschaft und die Machenschaften der Agrarkonzerne zu demonstrieren. Im Jahr der Bundestagswahl wollen wir die Agrar- und Ernährungswende zum zentralen politischen Thema machen ... |