Stadtverwaltung nimmt Votum der Israelitischen Gemeinde Freiburg mit Bedauern zur Kenntnis, hält aber an den Planungen zur Umgestaltung des Platzes der Alten Synagoge fest
Ein Teil der entdeckten Mauerreste soll abgetragen und in ein zusätzliches Mahnmal integriert werden
Die Freiburger Stadtverwaltung wird den Platz der Alten Synagoge wie geplant mit dem Bau eines Wasserbeckens auf dem Grundriss der Alten Synagoge umgestalten und in der kommenden Woche mit den Bauarbeiten fortfahren. Der überwiegende Teil der jetzt entdeckten Fundamentreste soll dauerhaft im Boden konserviert werden, ein Teil der Mauerreste in ein weiteres Denkmal integriert werden.
Die Israelitische Gemeinde Freiburg dagegen hatte der Stadtverwaltung am Nachmittag (27.10.) mitgeteilt, dass sich die Mitglieder der Gemeinde einheitlich dafür ausgesprochen haben, die gefundenen Mauerreste zu erhalten und in angemessener Art sichtbar zu machen.
Die Stadtverwaltung hat sich unterdessen beim ehemaligen Landesrabbiner und langjährigen Rabbiner der jüdischen Gemeinde Freiburg, Benjamin Soussan, rückversichert. Seiner Meinung nach bestehe keinerlei religiöser Grund, die Steine zu erhalten, allerdings sollte man, angesichts der Zerstörung der Synagoge durch die Nazis ihr in angemessener und ehrwürdiger Form gedenken, wie es die Stadt mit dem geplanten Brunnen ja auch vorhat.
Auch Ursula Amitai, die ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Israelitischen Gemeinde Freiburg, hat sich in die Diskussion eingeschaltet. Amitai hatte während des damaligen Planungsverfahrens zur Umgestaltung des Platzes der Alten Synagoge zu Protokoll gegeben, dass die Jüdische Gemeinde Freiburg keinerlei Interesse an eventuell bei der Umgestaltung zu einem Brunnen zu Tage kommende Fundamenten o.ä. hat. Allerdings mit der Einschränkung, sollten Schriftstücke oder Kultgegenstände gefunden werden, diese an die Jüdische Gemeinde übergeben werden sollten. Amitai ließ die Stadt heute wissen: „Unsere Begründung war und ist, dass eine Synagoge kein Sakralbau ist, sondern lediglich ein Ort der Versammlung, wie der hebräische Name ja sagt. Ich teile Ihnen diesen Sachverhalt auch auf Drängen vieler junger Freiburger Juden, mit denen ich in der letzten Zeit gesprochen habe.“
Oberbürgermeister Dieter Salomon spricht von einem gelungenen Konzept: „Es war immer Ziel der Planung, dass der zerstörten Synagoge in würdiger Weise gedacht wird. Der Platz der Alten Synagoge soll ein Ort des Gedenkens werden, aber auch ein Ort der Begegnung für die gesamte Bürgerschaft. Mit dieser Lösung bleibt der Großteil der Fundamentreste erhalten und der Platz wird um eine weitere Erinnerungsstätte ergänzt.“
Die Umgestaltungsarbeiten wurden Ende September gestoppt, da Bauarbeiter auf der Großbaustelle am Platz der Alten Synagoge auf Fundamentreste der Synagoge gestoßen waren. Sie stammen von einer 1925 an der Ostseite des Gebäudes errichteten Erweiterung. Bertram Jenisch vom Landesamt für Denkmalpflege hat die Fundstücke dokumentiert und vermessen und kam zu dem Ergebnis: „Es handelt sich hier um ein erhaltungswürdiges Kulturdenkmal."
Über die geeignete Form, das Denkmal zu erhalten, konnte mit der Israelitischen Gemeinde Freiburg keine Einigung gefunden werden. Sie fordert den Erhalt und die Sichtbarmachung der Fundamentreste, wovon Denkmalschutzexperte Bertram Jenisch deutlich abrät: „Die Substanz der Mauerreste ist so schlecht, dass man sie nur mit hohem konservatorischen Aufwand sichtbar präsentieren kann. So ein Eingriff würde aber die Denkmaleigenschaft infrage stellen.“ Laut Jenisch wäre es die beste Lösung, die Steine mit einer Schutzhülle zu versehen und dann das Mauerwerk zu verfüllen. Damit wären die Fundamentreste für Jahrhunderte gesichert.
Für diese Lösung hat sich die Stadtverwaltung entschieden.
Für das geplante Wasserbecken, das als Gedenkstätte die Umrisse der während der Pogromnacht 1938 zerstörten der Alten Synagoge exakt nachzeichnen soll, müssen allerdings drei Steinreihen entfernt werden. Aus Sicht des Denkmalschutzes ist das vertretbar, da der größte Teil des Denkmals erhalten bleiben würde.
Die Verwaltung schlägt vor, die wenigen entnommenen Steine in ein weiteres Mahnmal zu integrieren. Ein Konzept dafür soll gemeinsam mit der Israelitischen Gemeinde und der Egalitären Jüdischen Chawurah Gescher Gemeinde erarbeitet werden. Möglich wäre eine „künstlerische Aufbereitung“ ebenso wie die Präsentation der Synagoge als 3-D-Modell, in der die aktuellen Mauerfunde visuell sichtbar gemacht und somit räumlich genau zugeordnet werden könnten. Baubürgermeister Martin Haag hält das ergänzende Mahnmal für eine gute Lösung: „Wir konservieren den größten Teil der Mauerreste denkmalgerecht; schaffen mit dem Wasserspiegel ein würdiges und ehrendes Andenken an die Alte Synagoge und durch die didaktische Aufbereitung der Mauerreste entsteht ein stimmiges Ganzes.“
Auch die Egalitäre Jüdische Chawurah Gescher Gemeinde stimmt dem Vorschlag der Stadtverwaltung zu.
Die Planungen haben eine lange Vorgeschichte und gehen auf das Jahr 2004 zurück. Im Vorfeld eines Gestaltungswettbewerbs fand damals, unter Beteiligung der Öffentlichkeit und des Vorstandes der Israelitischen Gemeinde, die Veranstaltungsreihe „Projektwerkstatt Stadtboulevard“ statt. Dabei ging es speziell um die Bedeutung der alten Synagoge. Die Kernbotschaft eines würdigen Erinnerns und Mahnens sollte Teil des Gesamtkonzeptes sein. Diese Überlegungen sind in das Wettbewerbsergebnis eingeflossen: ein flaches Wasserbecken, das den aus historischen Plänen bekannten Grundriss der Synagoge nachzeichnet. Dieser Brunnen soll somit einerseits als Mahnmal dienen und andererseits durch die Form des Brunnenelements und Wasserspiels auch Teil einer modernen und lebendigen Platzgestaltung sein. Der Wassertisch hat Oberflächen aus dunklem Granitstein, die einen Wasserspiegel bilden, der zu den Rändern hin überläuft.
Die Israelitische Gemeinde Freiburg hatte diesem Planungsentwurf erstmals 2004 und nach abschließender Prüfung 2011 wiederum schriftlich zugestimmt. |