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Freiburg: Zukunftpläne für den Schlossbergturm
Stadt als Eigentümerin bevorzugt Stahlkonstruktion, um den maroden Turm dauerhaft zu sichern

Chemische Behandlung der geschädigten Holzkonstruktion wäre zu teuer, zu aufwändig und würde nicht lang genug halten

Der Schlossbergturm ist marode und derzeitig provisorisch gesichert. Bereits nach sechs Jahren war das Holz durch Pilz- und Insektenbefall geschädigt. Nun muss die Stadt Möglichkeiten prüfen, dem Turm durch eine dauerhafte Lösung eine längere Lebensdauer zu sichern. Die Stadt möchte auf alle Fälle vermeiden, dass der Turm kurzfristig abgebaut werden muss. Die gerodete Stelle im Stadtwald am südlichen Schlossberg, in 436 Metern Höhe, bliebe dann ohne Bauwerk.

Der 33 Meter hohe Aussichtsturm auf der Salzbüchslekuppe ist ein beliebtes Ausflugsziel. Wegen Pilz- und Insektenbefalls war er aber schon mehrfach gesperrt. Die jüngste Freigabe hatte das zuständige Gebäudemanagement (GMF) der Stadt Freiburg vor einem knappen Jahr, vor den Pfingstferien 2014, erteilt, nachdem in enger Abstimmung mit Statiker, Prüfstatiker und dem Regierungspräsidium als zuständiger Bauaufsicht eine kurzfristige provisorische Sicherung am Turm angebracht worden war. Dafür wurden an den Stämmen oben und unten Manschetten gesetzt und dann drei „Andreaskreuze“ aus je zwei Stahlseilen angebracht.

Diese provisorische Sicherung hat rund 45.000 Euro gekostet, der gesamte Aufwand seit 2008 beträgt rund 100.000 Euro. Damit ist aber das Grundproblem nicht gelöst: Die Schädigung durch Pilz- und Insektenbefall an den sechs Douglasien-Stämmen, die die horizontalen Windkräfte aufnehmen, schreitet schneller und sichtbarer fort als prognostiziert. Daher muss der Turm spätestens im Herbst wieder geschlossen werden.

Für die endgültige Sanierung erarbeitet das Gebäudemanagement seit der letzten Sperrung in den Pfingstferien 2014 verschiedene Konzepte in Holz- und Stahlkonstruktionen. Im Bauausschuss am 30. April 2014 hat das GMF das Konzept einer Stahlkonstruktion vorgestellt, die sich an den Entwurfsgedanken der „gedrehten“ Holzstämme anlehnt. Dieses Konzept wurde dann am 29. April 2015 auf dessen Einladung auch dem Kuratorium Schlossberg präsentiert. Das Kuratorium votierte dabei mit sehr großer Mehrheit für diese „Stahl-Lösung“.

Als Hubert Horbach, der Architekt des Schlossbergturms, sein Urheberrecht einforderte, kam es in den vergangenen Wochen zu mehreren Gesprächen mit der Stadt. Dabei brachten die damaligen Entwurfsverfasser Horbach und Max Scherberger eine Lösung des Problems durch chemisch behandelte Hölzer in einer modifizierten Konstruktion ins Gespräch. Zudem fand ein Fachgespräch mit den Planverfassern und ihrem Sachverständigen sowie einem von der Stadt beigezogenen Holzsachverständigen statt.

Ergebnis: Die Stadt wird diesen Turm nicht durch eine andere Holzkonstruktion ersetzen. Baubürgermeister Martin Haag macht deutlich: „Wir wollen den Turm für die Bevölkerung erhalten. Dazu brauchen wir eine dauerhafte Lösung. Alle Experten, die wir dazu gehört haben, sagen, dass dies nur mit einer Stahlkonstruktion möglich ist.“

Die Vorschläge des Architekten, auf eine chemische Imprägnierung zurückzugreifen, hält das Gebäudemanagement nicht für ausreichend. Die Holzstämme am Turm sind im Durchmesser 80 cm dick. Der chemische Holzschutz durch Kesseldruckverfahren ist nur im hellen, 3-6 cm schmalen Splintholz wirksam. Holzschutzmittel dringen wegen der dichteren Zellstruktur nicht in das tiefere Kernholz ein. Im Kernholz befinden sich aber die eingelassenen Stahlbauteile für die kraftschlüssigen Verbindungen zum Stahlturm und zu den Fundamenten. Da nicht imprägnierbar, bleibt dieser Bereich anfällig für Kondenswasser und stehende Feuchtigkeit. Damit bietet er ideale Verhältnisse für Pilzbefall und -ausbreitung.

Eine Vielzahl technischer und handwerklicher Faktoren erhöht das Risiko, erneut in Holz zu bauen. Dieses Risiko ist dem GMF nun zu groß – auch angesichts der Probleme, mit denen andere Holztürme in der Umgebung in ähnlicher Höhenlage zu kämpfen haben, etwa der Eichbergturm bei Emmendingen. Selbst bei optimaler Imgrägnierung und Bauausführung hält der von der Stadt zugezogene Holzsachverständige eine Lebenszeit der vom Architekten vorgeschlagenen Lösung von höchstens 20 Jahren für realistisch. Dieser Sachverständige wird regelmäßig im Kontext von Schadensfällen als gerichtlicher Sachverständiger zugezogen. Demgegenüber ist bei einer fachlich einwandfreien Stahlkonstruktion von einer Lebensdauer von mindestens 80 Jahren auszugehen. So hat etwa der Rosskopfturm in den 126 Jahre seit seinem Bau nur
minimale Folgekosten verursacht (Sanierungsaufwand insgesamt ca. 125.000 Euro).

Die vom Architekten vorgeschlagene Imprägnierlösung macht dagegen ein verstärktes, aufwändiges Monitoring über den Zustand des Turm erforderlich. Dafür fehlen der Stadt die personellen Kapazitäten, und die Kosten des Monitorings sind unvertretbar hoch.

Zwar bietet Freiburg seit Jahrzehnten ein Beispiel für eine stabile, bei Spaziergängern und Naturfreunden äußerst beliebte Holzkonstruktion: Der 31 hohe Meter Eugen-Keidel-Turm auf dem Schauinsland steht auch Jahrzehnte nach seiner Errichtung 1981 wie eine Eins da. Dabei sind hier viele Stahlteile im Holz verbaut, im Gegensatz zum einfacher konstruierten Schlossbergturm. Aber die klimatischen Bedingungen auf dem 1284 Meter hohen Gipfel des Schauinslands sind ganz andere als 850 Meter tiefer am Rand der Altstadt. Laut Gutachtern wird das Holz am Schlossberg ganzjährig viel wärmer als am Schauinsland. Am Schlossberg findet der Pilz rund acht Wachstumsmonate pro Jahr vor und audf dem Gipfel des Schauinslands nur zwei Monate.

Die Stadt stellt das Urheberrecht, das Architekt Horbach geltend macht, nicht grundsätzlich in Frage. Allerdings ist bei der Veränderung von bestehenden Bauwerken eine Abwägung zwischen dem Urheberrecht des Entwurfsverfassers und den berechtigten wirtschaftlichen Interessen des Bauwerkseigentümers vorzunehmen (§ 39 Abs. 2 Urheberrechtsgesetz). Überwiegen dabei die Interessen des Eigentümers, kann der Urheber Veränderungen des Bauwerks nicht verhindern. Aufgrund der Aussagen der Sachverständigen überwiegt das Interesse der Stadt an einer wirtschaftlichen und dauerhaften Lösung. Die Stadt geht davon aus, dass diese Sichtweise im Streitfall auch von einem Gericht bestätigt würde, strebt aber weiterhin eine gütliche Einigung an.

Hintergrund: Der Schlossbergturm
Der Schlossbergturm wurde im Jahre 2002 vom Kuratorium Schlossberg e.V. geplant und errichtet. Das Kuratorium hat seinerzeit den Architekten beauftragt und die Baukosten in Höhe von 375.000 Euro übernommen. Nach der Fertigstellung wurde er Eigentum der Stadt Freiburg. Die Schlussabnahme durch das Bauordnungsamt erfolgte im November 2002, seither liegt die Betreiberverantwortung bei der Stadt. Dazu zählt auch die Verantwortung für die Instandhaltung und Betriebssicherheit des Turmes.
 
Eintrag vom: 08.05.2015  




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