Was Eltern im Umgang mit elektronischen Medien beachten sollten
Wie selbstverständlich gehen Kinder und Jugendliche mit Computer, Internet, Fernseher, MP3-Player, Smartphone und Handy um. Sehen wir’s positiv: Die Heranwachsenden lernen auf spannende Weise dazu, erschließen sich Welten, tauschen sich mit Gleichaltrigen aus und haben ihren Spaß dabei. Doch im Umgang mit elektronischen Medien lauern auch Gefahren: Cybermobbing, Zerstreutheit, Abkehr von der Lebenswirklichkeit, leichtfertige Selbstenthüllung im Internet sind bedenkliche Begleiterscheinungen. Wie können Eltern Einfluss nehmen auf die Nutzung der elektronischen Geräte und Medien in ihrer Familie?
Der Medienpädagoge Franz Josef Röll, Professor an der Hochschule Darmstadt, hält fest: Waren es früher die Eltern, die Normen und Werte an ihre Kinder weitergaben, sind es jetzt mehr und mehr die Medien, die Weltbild und Verhalten der Kinder und Jugendlichen beeinflussen und prägen. Mit zunehmendem Alter entwickeln die Jugendlichen eigene Vorlieben im medialen Angebot, nehmen Abstand von den Nutzungsgewohnheiten der Eltern bis hin zur brüsken Grenzziehung: „Lasst mich in Ruhe, ich chatte!“
Das Senioritätsprinzip ‚Der Ältere hat recht’ ist außer Kraft gesetzt. Kinder und Jugendliche, mit elektronischem Inventar aufgewachsen und mit Netzwerken wie schülerVZ, ICQ und Co. vertraut, verblüffen mit hohem technischem Knowhow, lassen Eltern, auch Lehrer mitunter ziemlich „alt“ aussehen. Jugendliche kommunizieren miteinander in veränderter (verschlüsselter?) Sprache, für Erwachsene ein einziges Buchstabenrätsel. Und sie beweisen die erstaunliche Fähigkeit, vielerlei gleichzeitig zu tun: Tauschen per SMS Sprachbrocken aus und wandern dabei durchs Internet, hören Musik, essen, sehen fern oder spielen – Multitasking, so der Fachbegriff aus dem Englischen. Dabei vermögen Kinder und Jugendliche offenbar mit dem Ansturm der Reize umzugehen und das ihnen Wichtige „herauszufiltern“. Die Hirnforschung fürchtet indes, durch Multitasking drohe eine gewisse Verwahrlosung des Denkens.
Unübersehbar auch die Gefährdung durch in manchen Portalen verbreitete Leitbilder, die irreale Sehnsüchte bedienen und das Beziehungsnetz zur realen Welt ausdünnen. Schließlich die sogenannten Social Networks: In solchen Netzwerken stellen sich die Nutzer selber dar, geben viel, oft zu viel von sich preis: Hobbies, Interessen, geheime Wünsche, den ureigenen Lebenskreis. So mögen Freundschaften mit Gleichgesinnten entstehen, der Austausch über das Medium mag bereichern und Spaß machen, doch die bedenkenlose Einladung ins Private birgt auch Risiken. Gesunde Zurückhaltung kann nicht schaden.
Kein Zweifel: In unserer Gesellschaft wächst den modernen Medien bei der Erziehung immer größere Bedeutung zu. Die Familie ist im Wandel. Wo Vater und Mutter im Beruf stehen, Kinder und Jugendliche ganze Wochentage „elternlos“ verbringen, kommen andere Autoritäten ins Spiel. Die elektronischen Medien öffnen zahlreiche Türen – Zutritt in Räume, die anregen, begeistern, den Heranwachsenden guttun; andere Türen bleiben besser verschlossen. Wer aber bestimmt: Hier darfst du rein, dort bleibst du draußen? Platte Verbote, so Professor Röll, nutzen nicht viel. Den Eltern bleibt nicht erspart: Sie müssen sich mit den Medien, mit von Kindern und Jugendlichen ausgewählten Programmen und Netzwerken gründlich beschäftigen, müssen den Heranwachsenden im Bewertungsgespräch auf Augenhöhe begegnen können. Jetzt zählen die Argumente. Beispiel Computer: ein Spiel-, aber auch Lernwerkzeug. Beispiel Internet: ein Kosmos, der alles bietet – vom Schrott bis zur Hochkultur. Kindern und Jugendlichen zu Wertegefühl, Unterscheidungsvermögen, „Medienkompetenz“ zu verhelfen, das ist die – gewiss mit Konflikten verbundene – erzieherische Aufgabe der Eltern.
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